Situatives Führen ist ein gerne genommener Begriff. Führungsstil und -maßnahmen  sollen flexibel eingesetzt werden. Das setzt flexible und führungskompetente Chefs voraus. Experten weisen darauf hin, dass es heute nicht mehr den einen Führungsstil gibt, der sich je nach Persönlichkeit und Umfeld als beste Lösung für gute Führung eignet. Situatives Führen ist ein „führungstheoretischer Ansatz (…), der davon ausgeht, dass das effektive Verhalten eines Vorgesetzten vom Reifegrad des Mitarbeiters bestimmt wird.“[i] Führungstheorie muss nichts mit Führungspraxis zu tun haben. Mich würde hier auch der Reifegrad des Chefs interessieren…

Situatives Führen – auf den Mitarbeiter abgestimmt

In diesem theoretischen Ansatz werden Mitarbeiter ein wenig wie Schüler betrachtet. Das sehe ich kritisch und es klingt mir nach Führung als Erziehungsstil. Ja, wie weit sind denn unsere kleinen Mitarbeiterchen schon? Situatives Führen also ein Auslaufmodell? „Der Reifegrad des Mitarbeiters bestimmt sich als Ergebnis von Fähigkeiten und Motivation. Dabei werden vier Stufen des Reifegrades unterschieden:

  • Geringe Reife (Motivation, Wissen und Fähigkeiten fehlen)
  • Geringere bis mäßige Reife (Motivation, aber fehlende Fähigkeiten)
  • Mäßige bis hohe Reife (Fähigkeiten, aber fehlende Motivation)
  • Hohe Reife (Motivation, Wissen und Fähigkeiten vorhanden).

Zusätzlich wird zwischen vier Führungsstilen unterschieden:

  • Unterweisung (telling): Der Vorgesetzte sieht seine Mitarbeiter als Untergebene. Er sagt ihnen, was, wie, wann und wo zu tun ist.
  • Verkaufen (selling): Der Vorgesetzte argumentiert rational oder emotional, um die Mitarbeiter zur Akzeptanz der Aufgabenstellung zu bewegen.
  • Partizipation (participating): Der Führer und die Geführten entscheiden gemeinsam.
  • Delegation (delegating): Der Vorgesetzte beschränkt sich auf gelegentliche Kontrollen und überlässt die Aufgabenerfüllung seinen Mitarbeitern.

Abhängig vom Reifegrad der Mitarbeiter wendet der Vorgesetzte (auch ein Begriff aus dem letzten Jahrhundert, der Autor) die verschiedenen Führungsstile an. Mit zunehmender Reife nimmt die Aufgabenorientierung ab und die Beziehungsorientierung zu.“[i]

Situatives Führen. So eher nicht, oder?

Es gibt weitere Führungsstile oder -konzepte, die teilweise ähnlich den oben genannten Stilen im Konzept „Situatives Führen“ sind. Ja, es ist empfehlenswert, diese Stile zu kennen und zu beherrschen. So dass Sie sie quasi wie Werkzeuge in Ihrem Werkzeugkasten verfügbar haben. Und damit Sie wissen, wann Sie welchen Führungsstil, wann Sie welches Konzept einsetzen können.

Ob Sie sich als moderner Chef nach dem Prinzip Situatives Führen mit dem „Reifegrad“ der Mitarbeiter beschäftigen sollten, können Sie ja noch entscheiden. Der einfache Einsatz des gesunden Menschenverstandes und modernes Führen mit klarer Kante und Respekt auf Augenhöhe scheinen mir eher angebracht als Situatives Führen im oben beschriebenen Sinn. Denn modernes Führen mit GMV ist wesentlich wirkungsvoller und erfolgversprechender.

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[i] http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/theorie-des-reifegrades.html?referenceKeywordName=situatives+F%C3%BChren, 06.01.2016
Nach Jürgen Zirbik: „Führen mit GMV – souverän und erfolgreich führen mit gesundem Menschenverstand – KLICK ZUM BUCH