Führen über Wertschätzung gehört zur Basisausstattung von überzeugender Führung und Chef-Rhetorik. Denn jeder Mensch möchte Wertschätzung erfahren. Für Führung mit gesundem Menschenverstand (GMV) passt die Grundhaltung des „Ich bin o.k., du bist o.k.“. Mit dieser Haltung bringen Sie Ihren Mitarbeitern und Ihrem Team von grundsätzlich Wertschätzung entgegen. Und Wertschätzung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass andere sich von Ihnen führen lassen.

Führen über Wertschätzung ist dünn gesät

Wenn sich Menschen respektlos behandelt fühlen oder den Eindruck haben, dass sie nicht ernst genommen werden, schlagen sie innerlich die Türe zu. Sie kommen nicht mehr ran. Im Business-Alltag erleben wir das oft: Über Kunden reden wir, als wären das alles Vollpfosten; Chefs und Kollegen tun nur so als würden sie zuhören; wir sagen „ja,ja“ und meinen „LMAA!“.

Führen über Wertschätzung ist nicht immer jedem so einfach entgegenzubringen, wie der Agent Leo Martin in seinem Buch „Ich krieg dich“ darstellt.

Wertschätzung zeigt sich in der Einstellung

„Die erste und wichtigste Frage, die Sie bei jeder Begegnung klären sollten: welche Einstellung haben Sie zu Ihrem Gegenüber? Wer ist er für Sie, für wen halten Sie ihn? Für einen Versager? Einen Besserwisser? Einen Angeber? Einen, den Sie rumkriegen, weichkochen müssen? Dann werden Sie wahrscheinlich scheitern. Wenn Sie andere Menschen in ein schlechtes Licht stellen und den Fokus auf ihre Schwächen und negativen Eigenschaften richten, können Sie niemals erfolgreich mit ihnen zusammenarbeiten, sie nie als Freunde gewinnen, keine vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Denn Ihre Gedanken übertragen sich auf Ihre Worte, Ihre Körpersprache, Ihre Entscheidungen und Ihr Verhalten.“[i]

Führen über Wertschätzung? Gedanken formen Einstellung und Verhalten

Wenn ein Agent oder Polizist Informanten anwirbt, versucht er in der Regel Vertrauen zu Kriminellen aufzubauen. Da sind die Gedanken über diese Personen nicht von vornherein positiv. Wertschätzung als wirksames rhetorisches Mittel gegenüber einem Drogendealer, der Kindern diesen Mist verkauft, ist nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Eine echte Herausforderung. Nun ist es aber so, dass unsere Gedanken unsere Emotionen mitbestimmen und so unsere Einstellung mitformen. Die Einstellung wirkt sich dann auf unser Verhalten aus. Das geht vor allem unbewusst vor sich.

Wertschätzung und Haltung färben ab – mir ging es ebenso

Ist Ihre Haltung gegenüber Ihrem Gesprächspartner oder Publikum negativ, werden Sie sich entsprechend verhalten, sprechen Sie mit negativer Stimmfärbung. Gesprächspartner oder Publikum nehmen das unbewusst wahr. Da will ich mich gleich einmal outen:

2015, Vortrag bei einem Symposium mit Trainern und Coaches. Thema: Kundengewinnung. Ich habe nichts gegen Trainer und Coaches – ich bin ja selbst einer. Und trotzdem: Ich habe für diesen Vortrag ein vorgefertigtes Bild im Kopf. Das hat mit dem Thema „Kundengewinnung“ zu tun. Meine Haltung ist gelangweilt bis negativ (Sorry Kollegen – alles nur meine damalige Haltung – ich erinnere mich gut):

Viele Trainer und Coaches hassen Marketing und Vertrieb. Manche wollen nicht akquirieren. Sie haben keine Lust auf Dinge, die nichts mit ihrem Trainings- oder Coachinginhalt zu tun haben. Die meisten sind keine Verkäufer. Einige hassen Verkäufer. Sie mögen keine Marketingfuzzis wie mich – auch wenn ich Kollege bin. Sie mögen diese Leute auch deshalb nicht, weil sie immer wieder den Finger in eine Wunde legen, die viele Trainer und Coaches ein Leben lang begleitet – quasi ein chronisches Leiden: Sie brauchen Marketing und Vertrieb, bekommen dazu aber ihren Hintern nicht hoch… Dazu kommt noch, dass ich einmal ein Akquise-Unternehmer für Trainer und Coaches betrieb – eine Katastrophe, natürlich wegen der unfähigen Kunden. Ich bin also mehrfach vorbelastet.

Sie merken schon: keine gute Einstellung zu meinem Publikum. Da ich weiß, dass das ein Vortrags-Erfolgs-Killer ist, habe ich Leo Martin´s Trick aus der Polizei- und Agentenszene angewendet…

Wertschätzung als wirksames Mittel erzeugen

Fragen Sie sich, wie es im Extremfall gelingt, einem Kriminellen mit Wertschätzung zu begegnen? Es ist einfacher, als Sie vielleicht glauben. Sie müssen an einem Menschen. zunächst etwas finden, das Sie wertschätzen können. Auch wenn er es Ihnen womöglich nicht leicht macht, ihn zu mögen. Beispiele…

  • O.k., er hat drei Jahre hintereinander die Zweige des Apfelbaums, die in seinem Garten hängen, brutal gestutzt und die Äste auch noch auf dem Nachbargrundstück liegen lassen. Aber für seine Enkel ist er der liebevollste Opa der Welt und bastelt in jeder freien Minute mit ihnen.
  • O.k., ihre Stimme ist schrill, und wenn sie wieder mal bei der aktuellen Ehefrau anruft, um ihren Ex zu sprechen, könnte sie aus der Haut fahren. Aber die Ex hat ihn damals nach seiner Insolvenz nicht im Stich gelassen und immer zu ihm gehalten.
  • O.k., Trainer und Coaches sind in Bezug auf Marketing und Vertrieb… (sie wissen schon). Aber sie sind Menschen, die anderen helfen, sie weiterbringen, sich für Ihre Kunden weiterbilden und oft Extrameilen für Leute gehen, die Hilfe bei ihnen suchen. Sie haben einen angenehmen Tritt in den Hintern verdient, damit sie weiter erfolgreich ihr Geschäft machen können.

Malen Sie ein positives Bild Ihres Teams

Mit diesem kleinen Trick schaffen Sie es, auch Menschen, die Sie nicht von vornherein sympathisch finden oder wertschätzen, in ein positives Licht zu rücken. Das gilt auch für Personengruppen, beispielsweise in Meetings oder Vorträgen. Sie verändern Ihre Wahrnehmung und das führt dazu, dass Sie den Gesprächspartner positiver betrachten. Nach dem Prinzip der Resonanz (Wie man in den Wald hineinruft, …) sieht Ihr Gesprächspartner Sie ebenfalls positiv.

Schon der gesunde Menschenverstand sagt, dass keine echte gute Beziehung zu Personen möglich ist, die Sie selbst innerlich ablehnen. Schauspielerisches Umschmeicheln nützt da auch nichts, denn ohne Übereinstimmung von Haltung, Denken und Verhalten funktioniert das nicht. Die einfache Formel „Du bist o.k., ich bin o.k.“ und der ernsthafte Versuch, am Mitarbeiter oder einem Team Positives zu finden, helfen weiter. Damit ist eine Grundvoraussetzung für gute und wirkungsvolle Kommunikation geschaffen. So kann Führen über Wertschätzung funktionieren.

Wertschätzung als wirksames Mittel im Gefängnis

Das verdeutlicht ein erstaunliches Beispiel. Es zeigt, was eine respektvolle und wertschätzende Grundhaltung bewirken kann:

Die besondere Wirkung von Respekt erzählt von einem Indianer. Er heißt Manitonquat, ist Irokese und verwandelt mit Hilfe eines Kreises und eines Redestabes Kriminelle in normale Mitglieder der Gesellschaft. Er ist kein Zauberer und doch ein Magier. Alles funktioniert über respektvolle Kommunikation. Nach Ansicht seines Volkes ist der Kreis die „Grundform der Schöpfung. (…) Im Kreis sind alle gleich (…).“ Ein wichtiger Bestandteil des Programmes für Gefangene ist der Respekt, der den Teilnehmern beim „Reden im Kreis“ entgegengebracht wird.

Das hätten die meisten noch nie so erlebt, so Manitonquat. Um diesen gegenseitigen Respekt herzustellen, sitzen die Teilnehmer nicht nur im Kreis, sondern sie erhalten einen Redestab. Der Stabinhaber erhält durch ihn Kraft und die anderen hören ihm aufmerksam zu. „Von den Gefangenen, die Manitonquats Programm absolvieren, werden nur fünf bis zehn Prozent rückfällig, während sonst 65 bis 85 Prozent üblich sind.“[ii]

Grau ist alle Theorie – Führungskräfte-Coaching – packen Sie es an…

Damit Sie diese Techniken und Tricks für erfolgreiche Führung, Gespräche und Reden einsetzen können, üben wir das intensiv in unseren Business-Coachings. Die Wirkung von Führen über Wertschätzung  – und so einiges anderes – wird Sie „umhauen“.

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[i] Leo Martin: Ich krieg dich, Ariston, 2011
[ii] Bruce H. Lipton, Steve Bhaerman: Spontane Evolution, Burgrain, 2009, S.428
Bildnachweis: 123rf.com #49339297_l
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