In Studien zu Führung sind die Erwartungen der Mitarbeiter und der Chefs an Chefs teilweise recht ähnlich. Was ganz häufig vorkommt, ist dass die als am wichtigsten benannten Qualitäten, Fähigkeiten und Eigenschaften von Führungskräften in der Praxis am meisten vermisst oder als schwach bewertet werden. So auch in einer Studie der Universität Rhein-Main. Kommunikationsfähigkeiten werden am stärksten gefordert und gewünscht und am häufigsten als grottenschlecht beurteilt. Zur Infografik…

Infografik: Führungskräfte - Erwartungen und MängelUm Führung zu verbessern muss man Führung verbessern

Nicht an der Fachkompetenz muss geschraubt werden, um Führung wirklich zu verbessern. Fachexperten gibt es in den Unternehmen ausreichend. Neben dem Veränderungsbedarf der Strukturen, sind es vor allem weiche Führungskompetenzen, die nach Verbesserung schreien. Mangelnde Konfliktfähigkeit ist nach Befragungen von Personalchefs eine der großen Schwächen vieler Führungskräfte. Denn sehr häufig bestehen die Konfliktlösungsstrategien dieser Chefs aus Negieren, Aussitzen oder Wegducken. Nun treten Konflikte aber immer häufiger auf, weil wirtschaftlicher Druck, Globalisierung und Zusammenarbeit über Länder- und Kulturgrenzen hinweg Konfliktpotenzial liefern. Oder wie es eine Führungskraft sehr direkt in einem Coaching ausgedrückt hat: „Mit den Chinesen und Indern werde ich noch wahnsinnig. Die halten sich an keine Vorgaben, kennen die Prozesse nicht, haben ständig neue Leute, die noch von nichts eine Ahnung haben und Termine scheinen ihnen wurscht zu sein. Ich kaaaan sooo nicht arbeiiiten!“

Kommunikation ist die Qualität moderner Führung

Ich distanziere mich ausdrücklich von Vorurteilen und gebe lediglich die wahre Welt wieder. Chinesische und indische Fachkräfte finden sicher auch Durchdreh-Potenzial bei deutschen Kollegen. Im Übrigen: Solche Schwierigkeiten wollen Mitarbeiter von ihren Führungskräften gelöst bekommen. Es ist auch deren Aufgabe, die Schnittstellenthematik zu lösen oder so zu eskalieren, dass sie ein Chef weiter oben in der Hierarchie löst, wenn man es schon selbst nicht hinbekommt. Chefs sitzen das gerne aus, wie auch in diesem Beispiel „soooo niicht arbeiiten!“ aus der Coaching-Praxis. Es herrscht selten eine Klarheitskultur ebenso wenig wie eine Klartext-Kultur. Weichspülen und Aussitzen ist angesagt. Dem schließen sich schwache Chefs gerne an, denn es ist bequem. „In vielen Unternehmen drücken sich die Leute davor, klare Standpunkte einzunehmen. Und selbst, wer eine Meinung hat, hält damit hinterm Berg. Er taktiert lieber und will erst hören, was die anderen sagen, damit er sein Fähnchen nach dem Wind drehen kann. Eher hat man in der Antarktis Mobilfunkempfang, als dass man in solchen Unternehmen Klartext hört. Klartext oder nicht, das zeigt sich im Alltag schon darin ob ein Unternehmen in der Lage ist verbindliche Auskünfte zu geben und verlässliche Zusagen zu machen.“[i]

____________________________________________________________

[i] Dominic Multerer: Klartext, sagen, was Sache ist. Machen, was weiter bringt. Gabal, Offenbach 2015, Kindle-Version, Position 61
Aus: Jürgen Zirbik: Führen mit GMV, Wie Sie mit gesundem Menschenverstand souverän führen, Nürnberg, Mitte 2016