Der Bedarf an Business Coaching steigt. Leider ist es hier wie bei anderen freien Berufen auch. Coach nennen darf sich jeder. Wie bei Journalisten, Grafikern und Berufsbetreuern. Wie finden Sie nun den richtigen Coach? Einen, von dem Sie annehmen können, dass sie oder er ihr oder sein Geld wert ist und Sie wirklich weiter bringt. Das ist schließlich das übergeordnete Ziel von Business Coaching.
„Aktuell arbeiten mehr als 8.000 Coaches in Deutschland, über 300 Qualifikationen gibt es für Neuanwärter, mehr als 20 Coaching-Verbände geben eigene Gütekriterien vor. Das Dickicht der Zertifikate und Zeugnisse ist kaum zu durchschauen, die Berufsbezeichnung an sich nicht geschützt. 2014 stellte die Stiftung Warentest Standards vor, wonach etwa die Qualifikation mindestens zwölf Monate und der Präsenzunterricht mindestens 250 Stunden umfassen sollte.“ [1] Die Betonung liegt auf „sollte“. Mit gesundem Menschenverstand betrachtet sind weit mehr Coachs tätig (nebenberuflich, in keinem Verband erfasst, etc.) und es gibt unqualifizierte und ungeeignete Anbieter im Markt – ähnlich wie bei den Business Trainern.
Ausbildung und Erfahrung als gute Währung
Erfolgreiche und wirkungsvolle Coachs haben einige Dinge gemeinsam. Sie sind nicht mehr grün hinter den Ohren. Neben einer aufgabennahen Ausbildung (Psychologie, Pädagogik, Wirtschaft), haben sie eine solide Coaching-Weiterbildung genossen und bringen jede Menge Erfahrung aus der Praxis mit. Reine Akademiker bringen nicht viel. Für Führungskräfte sollte man selbst Chef gewesen sein, für Vertriebsleute Verkäufer, für Vorstände Vorstand. Man versteht einfach mehr von der Sache und kann sich besser in die Welt des Klienten eindenken und -fühlen. Das sagt uns schon der gesunde Menschenverstand. Neben fachlicher Erfahrung helfen Reife und ein Werkzeugkasten aus Training, Business Coaching und Beratung. Zwei Beispiele.
- „Seit 23 Jahren ist die 46-Jährige Anke Schöffel als Beraterin tätig, seit 13 Jahren als Coach. Sie kennt die Branche, weiß wie internationale Konzerne ticken. Studiert hat sie Erziehungswissenschaft, Soziologie und Psychologie. Als Coach und Organisationsentwicklerin ist die Frankfurterin systemisch und körperorientiert ausgebildet. „Verband man früher Coaching mit Schwachheit und Hilfsbedürftigkeit, ist die Akzeptanz deutlich gestiegen, mehr noch, im Topmanagement stellt der eigene Coach oder Berater inzwischen oft ein Statussymbol dar“.“ [1] Ihr Credo: gutes Coaching ist messbar. „Wir sagen, Coaching ist messbar, das heißt, nach konkreten Messgrößen definiert, auch im Unternehmen. Gutes Coaching bedeutet, der Klient geht mit dem Ergebnis raus, das vorher vereinbart wurde. Diese Zielerreichung ist wesentlich“.“ [1]
- „In […] Frankfurt arbeitet die 47-Jährige Felicitas Freiin von Elverfeldt als „professioneller Sparringspartner, Feedbackgeber und bei Bedarf als Berater und vermittelt häufig durch ihre Fragen andere Sichtweisen, die dem Klienten helfen, seine Potentiale optimal zu nutzen und seine Ziele zu erreichen“. Die gebürtige Sauerländerin mit Führungserfahrung in internationalen Konzernen ist zertifizierter Coach von Learning Campus, einer unternehmenseigenen Trainings- und Beratungsakademie der Siemens AG, sowie Mitglied der ICF.“ [1] (International Coach Federation)
Business Coaching für alle?
Beide Coachs arbeiten vor allem mit dem Top-Management. Dort ist Business Coaching nicht ungewöhnlich, wird langsam zur Normalität. Mindestens genauso wichtig ist Business Coaching im mittleren Management. Das sind die Leute, die Teams führen sollen, die Karriere machen wollen und die sich schon mal aufreiben, während sich das Top-Maangement um Strategie und Repräsentation kümmert. Die mittleren Führungskräfte brauchen Hilfe zur Selbsthilfe und Sparringspartner, auf Augenhöhe sonst enden sie auf dem Abstellgleis, in der Psychiatrie oder mindestens im Burn Out Zirkel. Das zu verhindern ist der eine Aspekt des Coachings. Der andere bezieht sich auf die Leistungsfähigkeit und Qualität der Arbeit dieser Führungskräfte, neudeutsch die Performance.
Mein Coaching-Umfeld ist seit vielen Jahren das mittlere Management sowie Chefs in mittelständischen Unternehmen. Hin und wieder auch mal ein Manager aus dem Vorstand oder ein Unternehmer. Hier ist der Wirkungsgrad immens, wenn man es richtig anpackt. Dazu gehören unbedingt Authentizität und ein eigenes, starkes Wertegerüst. Vor lauter politisieren, Rollen spielen und sich anpassen wissen viele Manager schon gar nicht mehr, wer sie eigentlich sind (den Unternehmen und Aktionären ist das möglicherweise auch wurscht). Also Führungskräfte: authentisch ist gut, nicht authentisch ist bäh.
Fragwürdige Ansätze des Business Coaching
Ein Coaching-Kollege hat kürzlich ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Sei nicht authentisch“. Chefs haben eine Rolle perfekt zu spielen und nicht sich selbst zu verwirklichen. Sie sollen funktionieren, so der Tenor. „Er sei kein Karriere- oder Entwicklungscoach, „meine Klienten sind bereits ganz oben angekommen“. Und dort sei ein Funktionieren zentral: „Ich bin allein für die professionelle Rolle da, nicht für Life-Work-Balance oder ähnliches. Unternehmen bezahlen mich nicht, weil es um Herrn Müller geht, sondern weil der Aktienkurs ein Problem oder Herr Müller ein Problem macht.“[1]
Diesen Ansatz halte ich für gut vermarktbar, genauso wie Kurse für Frauen, in denen sie lernen sollen, sich als Chefs genauso bescheuert aufzuführen wie fragwürdige männliche Kollegen, damit auch sie im Karrierespiel mithalten können. Arroganztraining für Frauen – wie bescheuert ist das denn? Dies alles ist aus meiner Sicht sehr problematisch, weil dahinter die Menschen, die Prinzipien und Werte verschwinden. Stellt einen Schauspieler vorne hin, der seine Rolle gelernt hat und gut is es! Das ist günstiger – dafür brauchen wir keine teuren CEOs mehr, die als Rollen-Schauspieler eh nicht taugen. Mit funktionierenden Nicht-Authentischen und männerähnlich-arroganten Führungs-Frauen wird Führung sicher nicht besser. GMV.
Im Fokus: die Zielgruppe der Chefs
Tatsächlich haben die Menschen die Schnauze voll von funktionierenden und nicht-authentischen Typen, die nur Rollen abspulen. Das sind Modelle aus dem letzten Jahrhundert. Business Coaching zeigt gerade den anderen Weg auf. Coaching soll den Führungskräften und künftigen Chef-Chefs zeigen, wie sie den zunehmenden Anforderungen auf eine eigene, individuelle Weise werthaltige und nachhaltige Lösungen entgegensetzen, die langfristig wirken und funktionieren. Und die Kollegen, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter… Menschen respektvoll und wertschätzend einbeziehen.
Dazu genügen oft der gesunder Menschenverstand, der Wille, etwas zu verändern und zu verbessern und eine gute Portion Fleiß. Im Übrigen noch ein paar altmodische Eigenschaften, wie Integrität, Fairness, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit. Wenn dass vorhanden ist, kann man auch an den Fähigkeiten und Kompetenzen arbeiten, so dass der Chef seine verschiedenen Rollen gut und souverän erfüllen kann. Dazu ein Coach, Trainer und Sparringspartner, der ein guter Katalysator für diese Anforderungen ist und sein Handwerk beherrscht.
Checkliste für Ihre Business-Coach-Suche
- Welche Ausbildung hat der Coach? (Berufsausbildung)
- Welche Weiterbildungen zum Coach hat sie/er durchlaufen?
- Wie war der Weg zum Coaching?
„Ich wurde gekündigt, da dachte ich, ich mach mal auf Coach.“
Ein wahres Zitat eines „Kollegen“ - Welche Berufserfahrungen bringt sie/er mit?
- Wie lange ist der Coach als Coach bereits tätig?
- Wie viele Klienten hat sie/er durchschnittlich im Jahr?
- Welche Referenzen kann er vorweisen?
(Persönliche Referenzen sind oft nicht möglich, weil die Klienten ihr Coaching nicht öffentlich machen wollen, Firmenreferenzen durchaus) - Welche Prinzipien hat der Coach für seine Klienten und stimmen sie mit Ihren Prinzipien überein?
z.B. Hilfe zur Selbsthilfe, Performance-Optimierung, Werte, etc. - Wie verhält sich der Coach in der Auftragsklärung?
„Her mit dem Auftrag“, „Bedingungen für eine Zusammenarbeit“, „Abstimmung der Ziele“, „Auch: was geht nicht“, etc. - Passt die „Chemie“?
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[1] Quelle: http://www.top-magazin-frankfurt.de/redaktion/business-finance/coaching-tuning-fuer-die-chefetage/#sthash.nCWL8D2H.dpuf