Kommunikation ohne GMV. Jetzt haben wir es wieder schwarz auf weiß: viele Chefs reden ohne etwas sagen zu wollen. So eine Analyse von  Kommunikationswissen-schaftlern um Frank Brettschneider von der Universität Stuttgart-Hohenheim. Sie untersuchten in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt regelmäßig die Reden von Bossen bei Aktionärsversammlungen.  Professionelle Nicht-Kommunikation, von Militärs und Politikern seit Jahrhunderten kultiviert, findet sich auch dort. Motto: Viel reden, nichts sagen. Hier ist Kommunikations Coaching angesagt.

In der Kürze liegt die Würze

Ein Gradmesser für die Verständlichkeit gesprochenen Wortes ist die Länge der Sätze. „Seine [Brettscheiders, der Autor] Studie beurteilt die formale Verständlichkeit und schaut dafür beispielsweise auf die Länge von Sätzen, deren Aufbau, die Portionierung von Informationen oder auf den Fremdwörteranteil“ [1] (Dieses Zitat hat 25 Wörter, das geht besser). Sie fanden heraus, dass die meisten Bosse bei Aktionärsversammlungen Kauderwelsch bevorzugen und Klartext vermeiden.

Absoluter Spitzenreiter der gewollten Unverständlichkeit ist Norbert Steiner, Chef des Kasseler Dünger- und Salzproduzenten K+S. Laut Brettschneider und Kollegen produzierte er bei der studienrelevanten Hauptversammlung insgesamt eine unverständliche Rede. Das Highlight darin ein wirklich bemerkenswerter Satz, der dem Bürgerlichen Gesetzbuch alle Ehre machen würde. 51 Wörter, ein Komma, ein Punkt:

„In den neun zwischen der K+S Aktiengesellschaft und ihren jeweils 100-prozentigen Tochtergesellschaften geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen soll klargestellt werden, dass der in den Verträgen bereits bislang enthaltene Verweis auf die gesetzliche Regelung zur Verlustübernahme gemäß Paragraf 302 Aktiengesetz sich stets auf die jeweils gültige Fassung dieser Vorschrift in ihrer Gesamtheit bezieht.“ [1]

Kommunikation als Nebelkerze

Alles klar? Klar soll es ja gar nicht sein, so der eher böswillige Ansatz. Aktionäre, die wirklich wissen, was im Konzern los ist, können lästig werden. Manche Politiker stimmen ja auch über Zeugs ab, von dem sie keine Ahnung haben. Klarheit in den „Regierungserklärungen“ der Konzernchefs kann auch kaum gelingen, denn die Reden werden von professionellen Redenschreibern verfasst.

Äh. Wie jetzt? Und dann solche Info-Nebelkerzen? Ja, denn ganze Rechtsabteilungen prüfen und Fachabteilungen beeinflussen die Vortragswerke. Hier gilt: viele Köche verderben den Brei. Allerdings ist da ja noch der Redner. Ein Boss, der kommunikativ etwas auf sich hält und Vertrauen bei den Aktionären fördern möchte, sorgt für Verständlichkeit. Er lässt sich nicht alles vorschreiben (schönes Wortspiel). Manche Chefs interessiert das, andere nicht.

Chefsache gute Kommunikation

BMW-Chef Norbert Reithofer zeigt, dass es auch anders geht. Laut der Studie ist er besonders um Klartext bemüht, Rechts- und Fachabteilungen hin oder her, und führt die Studie an. Andere Bosse sollten sich lieber auf Bilanzen oder Strategien fokussieren, denn Kommunikation ist offensichtlich nicht ihr Ding.

„Reithofer holt 18,4 von 20 möglichen Punkten. Zum Vergleich: Steiner kommt nur auf magere 8,1. Noch schlechter bestellt ist es nur noch um die Verständlichkeit der Reden von Stefan Heidenreich (Beiersdorf – 8,0), Allianz-Chef Michael Diekmann (7,7) und Schlusslicht Wolfgang Reitzle (Linde – 6,7).“ [1]

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[1] Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article128568660/Deutschlands-Topmanager-reden-oft-Kauderwelsch.html, 30.05.2104