Beim Image beginnt das Führungsdilemma. Es fehlt ein Führerschein für Führung und Chefs. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GFK), Nürnberg, befragt regelmäßig Menschen, welchen Berufen sie Vertrauen entgegen bringen. Feuerwehrleute, Sanitäter, Piloten und Ärzte stehen regelmäßig ganz oben – Banker, Manager und Politiker ganz unten. Irgendwoher muss das schlechte Image der Manager kommen. Sicher tragen zu diesem Bild Banker, Politiker, Funktionäre und Wirtschaftsführer bei, die durch kriminelle Machenschaften glänzen. Dass das heute öffentlich wird und die Medien dies mit Vorliebe ausschlachten, verschärft das Image-Desaster. Unter den schädlichen Chefs gibt es aber auch wirklich echte Vollpfosten, die beim Führerschein für Führung glatt durchfallen würden.

Führung setzen, mangelhaft?

Es gibt nicht nur die schlechten und kriminellen Leader und Lenker. Es gibt auch solche, die weder durch Plus noch Minus auffallen – und diejenigen, die einen hervorragenden Job machen. Im kollektiven Gedächtnis befinden sich jedoch offensichtlich die schwarzen Schafe. Die Masse gerade der mittleren Führungskräfte kommen zwar nicht in die Öffentlichkeit. Sie prägen das Bild von Führung jedoch kräftig mit.

Rund 3,9 Millionen Führungskräfte gibt es in Deutschland[i]. Sie wirken zu Millionen Mitarbeitern in den Unternehmen. Insgesamt stellen Mitarbeiter den Chefs ein eher bedenkliches Zeugnis aus. Einmal sind nur 16 Prozent der Angestellten in deutschen Unternehmen engagiert (Gallup-Studie), an anderer Stelle hat mindestens ein Viertel der Mitarbeiter schon einmal wegen schlechter Führung gekündigt. Knapp die Hälfte der Manager jammert eher herum als ihren Job zu machen, so eine weitere Untersuchung. 56 Prozent der Mitarbeiter bewerten Ihre Chefs als unterdurchschnittlich, 23 Prozent geben ihnen die schlechtestmögliche Bewertung.[ii] Brauchen wir also einen Führerschein für Führung?

Führungskultur muss nachsitzen

Führungskräfte und der Nachwuchs kommen seit 16 Jahren in meine Coachings und Trainings. Da höre ich immer wieder Aussagen wie „So kann man nicht arbeiten“, „Ich kann keine Führungskultur erkennen“, „Meine Chefs wissen nicht, wo es langgeht“, „Mir hört einfach niemand zu“ oder „Die da oben haben keine Ahnung. Irgendwie klappt es trotz unserer Chefs. Es gibt offensichtlich „Die da oben“ und den „Rest“. Auch andere Experten machen ähnliche Erfahrungen. „Viele Chefs müssen nachsitzen. Sie sind schlechter als ich gedacht habe“, so Personalexperte Jörg Knoblauch.[iii]

Führerschein für Führung?

Führungskräfte haben Gemeinsamkeiten – auch was das Führungsdilemma angeht. Da ist zum einen die Tatsache, dass die meisten Chefs Führung nicht gelernt haben. Wenn sie studieren oder einen Meisterbrief machen, lernen sie nicht, wie Führung geht. Sie erfahren etwas darüber, aber sie bekommen nicht die Zeit, es zu lernen. Die Meisten machen eine Fachausbildung oder ein Fachstudium und sollen dann Unternehmen oder Abteilung, sich selbst und andere Menschen führen.

Führung machen wir nebenbei

Dazu gibt es Parallelen in der Gesellschaft. Wir lernen alles Mögliche aber nicht Führung. Nicht einmal Lehrer, die ja Kinder und Jugendliche zu Wissen, Bildung und Reife führen sollen, bekommen im Studium eine Ahnung, wie sie das anstellen sollen. Die Fragen zu Organisation (Management), Selbstführung und Leadership (u.a. Motivation, Leistungsförderung, Kultur, Disziplin) bleiben offen. Managern und Führungskräften geht das ebenso. Wobei Manager wenigstens Führungstrainings, Seminare und Coachings machen. Bei Lehrern, Professoren oder Ärzten findet das kaum statt.

„Während man für jedes Handwerk eine mehrjährige Lehrzeit absolvieren muss und selbst das Fahren eines Gabelstaplers nur mit Führerschein erlaubt ist, gibt es für Menschenführung keinerlei verbindliche Voraussetzung. Das kann offenbar jeder. Wir alle wissen, dass das nicht so ist. Und doch wird im Arbeitsleben häufig so getan, etwa wenn der beste Sachbearbeiter zum Chef gemacht wird und an dieser neuen Rolle scheitert. Doch warum scheitert der eine während der andere an seiner neuen Rolle wächst? Was sind die unverzichtbaren Basics für Führungserfolg?“[i] (Mehr dazu in Kürze)

Auszug aus: Jürgen Zirbik: Führen mit GMV – mit gesundem Menschenverstand souverän führen, Friendship Verlag, erscheint im Sommer 2016

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[i] Ralf Gasche: So geht Führung! Sieben Gesetze, diese im Führungsalltag wirklich weiterbringen, Springer Gabler, 2016
[i] http://www.brandeins.de/archiv/2015/fuehrung/fuehrung-in-zahlen, 25.01.2016
[ii] http://www.brandeins.de/archiv/2015/fuehrung/fuehrung-in-zahlen, 25.01.2016
[iii] Jörg Knoblauch: Die Chef-Falle: Wovor Führungskräfte sich in Acht nehmen müssen, Campus, 2013, Kindle-version, Position 137