Nach einer Studie des Schweizer SIBI Institutes jammern fast die Hälfte der befragten Führungskräfte bevorzugt herum, anstatt sich den Lösungen von Herausforderungen im Unternehmen zu stellen. Das wirkt sich auf die Loyalität der Mitarbeiter aus. GMV. So erklärt sich die immer schlechter werdende Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmen, die die Gallup-Studie regelmäßig ausweist. Viele Chefs tun aber auch kaum etwas dagegen. Im Gegenteil. Sie schubsen die eigenen Leute mit ihrem eigenen Gejammere noch über die Frust-Kante. Mit gesundem Menschenverstand in der Führung hat das alles wenig zu tun. Dabei gehört es zu den zentralen Führungsaufgaben den eigenen Leuten ein Umfeld zu schaffen, damit gute und herausragende Leistungen bringen können und wollen.
Verbrecher statt Vorbilder?
Warum sind so viele Chefs und mittlere Führungskräfte so schlecht in Führung. Nun, sie sind selbst verunsichert, unzufrieden und denken verstärkt über Kündigung nach. Außerdem haben die meisten Führung nicht gelernt. Wo auch. Und sie haben keine oder gar miserable Vorbilder. Was dabei wirklich den Vogel abschießt, ist die Tatsache, das es gleich so viele Manager sind, die die Schnauze vom eigenen Unternehmen voll zu haben scheinen.
Verständlich, denn manche Unternehmen sind, trotz ganzer Kultur- und Compliance-Abteilungen, eher kriminelle Vereinigungen. Und so führen sich die Chefs teilweise auch auf. Da kommt sich der eine oder andere Aufrechte wie Falschgeld vor. Bestätigungen dazu bekommen wir leider ständig: Volkswagen aktuell mit der Abgas-Affaire, Siemens, MAN mit fetten Korruptionsskandalen, die Deutsche Bank wird sogar von der Polizei als kriminelle Vereinigung bezeichnet. Schuld sind… die „faulen Äpfel“ der Unternehmen. Dass die Gauner unter den Karrieristen ganz nach oben kommen können, zeigt, dass das System völlig verfault ist. Genau: Der Fisch stinkt…
„Viele Unternehmen bremsen sich selbst aus, weil das Management nicht an einem Strang zieht. (…) Der Untersuchung zufolge identifiziert sich nur jede zweite Führungskraft (51 Prozent) in deutschen Unternehmen mit der Vision und strategischen Zielsetzung ihres Arbeitgebers.“ Kein Wunder, wenn die Ihre Chefs häufiger vor Gericht und Untersuchungsausschüssen sehen als im Unternehmen. Und es kommt noch schlimmer:
- 51% identifizieren sich mit dem Unternehmen, seinen Zielen und Strategien
- 49% tun das nicht! Ein Großteil scheint sie einfach nicht zu kennen.
- 66% beschäftigen sich mehr mit Jammern und Schuldzuweisungen als aktiv Vorschläge zu machen, wie Probleme gelöst werden können.
Reicht das Schmerzensgeld nicht?
Dabei verdienen die deutschen Manager im Vergleich recht gut – die Top-Manager so und so (im Schnitt 5,2 Millionen Euro pro Jahr). Aber von den Chef-Chefs sprechen wir hier nicht. Im mittleren Management variieren die Gehälter zwischen 101.000 und 200.000 Euro. Nicht schlecht. Scherzhafterweise spricht man Manager-Gehältern einen Schmerzensgeldanteil zu. Oder ist das doch ernst gemeint? Jedenfalls genügt dieser Anteil der Hälfte der Manager offensichtlich nicht. Sie jammern herum und ziehen ihre Leute mit ins Jammertal.
Führungskräfte: selbst arme Würstchen?
Nach der SIBI-Studie geben viele Führungskräfte an, dass die Zuständigkeiten im Unternehmen nicht klar geregelt und die Heroen in den oberen Chefetagen oft nicht integer zu sein scheinen.
- 44 Prozent konstatieren, dass in ihren Unternehmen die Entscheidungs-kompetenzen nicht klar sind.
- 75 Prozent behaupten sogar, dass integeres Verhalten „ganz oben“ stark zu vermissen ist. (Integer: unbescholten, moralisch einwandfrei, unbestechlich)
Aus meiner Coaching-Praxis kann ich das bestätigen. So kam kürzlich ein Abteilungsleiter eines Konzerns zu mir und beklagte sich bitter über die schwache Geschäftsführung und den chaotischen Vorstand. Man habe immer mehr mit blödsinnigen und sinnfreien Aufgaben zu tun – u.a. Reporting. Für produktive Arbeit bleibe kaum Zeit. Im Übrigen wisse eigentlich keiner so genau wohin die Reise des Unternehmens gehen solle. Außer PR-artigen Selbstbeweihräucherungen, die im Übrigen an der Realität vorbei gingen, bekäme man kaum klare, verwertbare Informationen. Er finge schon mal an, sich anderweitig um zu sehen. Führung in Zeiten GMV-freier Chef-Chef-Etagen macht eben auch keinen Spaß. Und es ist in den meisten Unternehmen ähnlich.
Chancen für bessere Führung
Und… darin stecken Chancen. Hören Sie also auf herumzujammern und Ihre Leute zusätzlich zu demotivieren. Arbeiten Sie an sich, arbeiten Sie am Unternehmen (nicht nur im Unternehmen); rühren sie sich, wenn Dinge falsch laufen und werden Sie sich klar, was Sie als Führungskraft eigentlich erreichen und bewirken wollen. In diesem Unternehmen, grundsätzlich, in einem anderen Unternehmen.
„Ein Heer von Schafen, das von einem Löwen geführt wird, schlägt ein Heer von Löwen, das von einem Schaf geführt wird.“
Arabisches Sprichwort