Auszug aus: Jürgen Zirbik, So ticken wir – psychologische Phänomene für Führung, Verkauf und den ganzen Rest, Friendship Verlag, Nürnberg 2012. „Zwei Geschwister streiten sich um eine Orange, die sie beide haben wollen. Schließlich kommen sie überein, die Frucht zu halbieren. Die Schwester nimmt nun ihre Hälfte, isst das Fruchtfleisch und wirft die Schale weg. Der Bruder wirft stattdessen das Innere weg und benutzt die Schale, weil er damit einen Kuchen backen will.“[i] Die Lösung des Konfliktes, die Frucht zu halbieren, ist allenfalls suboptimal. Schon allein mit gesundem Menschenverstand betrachtet, ist es natürlich Unsinn, irgendetwas von der Orange wegzuwerfen, zumal die Schwester scharf auf das Fruchtfleisch ist, der Bruder lediglich auf die Schale.

Konflikt Kompetenz: die optimale Lösung

„Die Lösung besteht darin, sich von der konkreten Position, dem konkreten Wunsch, zu lösen und nach dem Bedürfnis zu suchen, das hinter diesem Wunsch steht.“[ii]  Wir schauen bei Streitpunkten und Konflikten also auf den Wunsch oder die Wünsche hinter dem Wunsch. Bei, Konkflikt unserer Geschwister sieht das in etwa wie folgt aus: ein etwas ausführliches Gespräch, begleitet durch einen Coach oder einen Mediator, hätte zu einem völlig anderen Ergebnis führen können. Sie wissen ja, Geschwister haben es manchmal nicht leicht miteinander.

Wir hätten im Konflikt herausgefunden, dass die Schwester lediglich das Fruchtfleisch möchte und der Bruder lediglich die Schalen für seinen Kuchen. Beide hätten 100 Prozent bekommen können, haben in der Lösung des Eingangsbeispiels jedoch nur 50 Prozent bekommen. Die 100-Prozent-Lösung wäre eine eindeutige Gewinn-Gewinn-Situation gewesen.

Konflikt Kommunikation: schauen Sie hinter die Wünsche

Interessant ist die Erkenntnis, dass Wünsche unwichtig sind. Viele Menschen konzentrieren sich auf ihre konkreten Wünsche, da sie unzufrieden sind, wenn sie sie nicht erfüllt bekommen. So kommt es zum Konflikt mit anderen, die den selben Wunsch haben. Ansatz: Konzentrieren Sie sich auf die Bedürfnisse hinter diesen Wünschen. Wichtig ist der Wunsch hinter dem Wunsch. In unserem Orangen-Beispiel ist der Wunsch, die Orange haben zu wollen. Der Wunsch hinter dem Wunsch ist im einen Fall, mit den Schalen einen Kuchen zu backen, im anderen Fall, das Fruchtfleisch zu essen. Diese Erkenntnis führt zu einer ganz anderen Lösung, als sie mit dem Teilen der Orangen angeboten war. Die wichtige Frage, die gestellt werden sollte, ist eine Wozu- oder Warum-Frage.

Wenn zwei den gleichen Wunsch haben, muss das noch lange nicht in einen Konflikt ausarten. Kommt es zu Konfliktsituationen, weil zwei Personen meinen dasselbe haben zu wollen, ist es entscheidend, erst einmal die Bedürfnisse hinter Wünschen oder Konfliktgründen zu suchen. Im Idealfall kommen Sie zu einer Lösung, die für beide Beteiligte zu einer 100-Prozent-Erfüllung führt, wie im Orangenbeispiel gezeigt. Wichtig ist in jedem Fall: solange hinterfragen, bis das Grundbedürfnis, der Grundwunsch, aufgetaucht ist. Von da aus gesehen, ergeben sich dann häufig ganz pragmatische und einfache Lösungen. Ein bisschen nachgedacht und hinterfragt – GMV eingesetzt – und Schwieriges wird ganz einfach.

Konflikt und Führung

Im Tagesgeschäft kommt es oft zu Konflikten zwischen Personen oder Teams, weil die Beteiligten zu oberflächlich kommunizieren. Hinter einem Ärger verbergen sich häufig Interpretationen, die durch Ereignisse oder Gespräche der Beteiligten entstanden sind. Da wird nicht nachgefragt, sondern man hat sich die Meinung ja schon gebildet. „Der Meier umgeht immer die schwierigen Aufgaben“, „die Müller telefoniert ständig privat und erledigt Ihre Jobs im Projekt zu spät“. Mann, mann, mann… bringen sie Ihre Leute dazu, miteinander zu reden, eventuell moderiert.

Schauen Sie sich bei Gelegenheit die Vorabend-Serie „Die Rosenheimcops“ an. In jeder Sendung können Sie erleben, wie Gerüchte und Halbwahrheiten gestreut werden und wie ein Konflikt daraus entsteht.

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[i] http://www.buergergesellschaft.de/praxishilfen/konfliktloesung/uebungen-trainingselemente/gummibaerchen-armdruecken/104456/
[ii] Volker Kitz, Manuel Tausch: Psycho? Logisch!, Heyne, 2011, Kindle-Version