Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur macht Firmen wirtschaftlich erfolgreicher. Das ist die gute Nachricht. Nach einer Studie des Bundesarbeitsministeriums aus 2010 ist das statistisch nachgewiesen. “Demnach ist die Unternehmenskultur für bis zu 31 Prozent des finanziellen Erfolges verantwortlich. Entsprechend bewerteten besonders erfolgreiche Unternehmen am häufigsten das Engagement der Mitarbeiter als den wichtigsten Wettbewerbsfaktor.”[i]
Unternehmenskultur fordert Transparenz
In Beratungen und Coaching-Gesprächen mit Führungskräften und Fachkräften kommt immer wieder hohe Unzufriedenheit zum Vorschein. Vor allem mit den Chefs sind viele Mitarbeiter und Führungskräfte unzufrieden. Neben dem Faktor “Intransparenz” – keiner sagt was Sache ist und wie es weitergeht – und dem ignoranten Umgang von Chefs mit ihren Leuten – hört mir nicht zu, lobt nie, kommt nur, wenn er etwas will, etc. -, führt Führungsschwäche zu großer Unzufriedenheit. Dass Führung optimierbar ist, ist nachvollziehbar, denn die meisten Führungskräfte haben Führung nicht gelernt. Sie sind Wirtschaftler, Ingenieure, Informatiker oder sonst was… aber keine „gelernten” Chefs. Diese allgemeine Führungsschwäche führt zunehmend dazu, dass das Engagement der Mitarbeiter abnimmt, so auch die Ergebnisse der Studie.
“Die Forscher fanden heraus, dass gut drei Viertel (77 Prozent) der Mitarbeiter im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrer Arbeit sind – allerdings mit abnehmender Tendenz im Vergleich zu einer vorhergehenden Studie. So sank etwa der Anteil derer, die “völlig zufrieden” sind, innerhalb von fünf Jahren von 16 auf 6 Prozent.
Ebenfalls 77 Prozent der Befragten möchten laut der Studie noch mindestens fünf Jahre bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber bleiben. Identifikation mit ihrem Unternehmen sowie eine hohe Einsatzbereitschaft zeigten jeweils knapp zwei Drittel. […] Gestiegen ist der erlebte Arbeitsstress. 62 Prozent stellten eine Zunahme in den vergangenen Jahren fest. In der Vorgängerstudie hatten mit 48 Prozent noch deutlich weniger Beschäftigte angegeben, dass der Stress am Arbeitsplatz gestiegen sei.”[ii]
Schwache Unternehmenskultur, schwache Führung
In vielen Unternehmen fehlt eine klare und gemeinsam getragene Unternehmenskultur. Das betrifft vor allem das Miteinander, die Kommunikation (intern und nach außen) und die Führung – besonders Fehlerkultur, Transparenz, Klarheit und Offenheit. Hier zählen die „weichen Faktoren“, denn sie bestimmen den Wohlfühlfaktor und die emotionale Bindung der Menschen an das Unternehmen. Dabei ist sind Unternehmenskultur und emotionale Bindung alleine mit gesundem Menschenverstand einfach zu bewerkstelligen. Und emotionale Bindung an das Unternehmen ist heute wichtiger denn je.
“Die emotionale Bindung hat direkte Auswirkungen auf die Verweildauer in einem Unternehmen. Denn: Emotional ungebundene Mitarbeiter neigen eher zum Arbeitgeberwechsel. 93 Prozent der emotional hoch gebundenen Mitarbeiter, aber nur 45 Prozent derjenigen ohne emotionale Bindung, planen in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma tätig zu sein.” (Quelle: Gallup, 2014)
Führung verschenkt Potenziale
Emotionale Mitarbeiterbindung optimiere das Verhältnis zu aktuellen Kunden und es helfe neue Kunden zu gewinnen, so die Resultate der Gallup-Studie 2013: 86 Prozent der emotional Hochgebundenen würden die Produkte oder Dienstleistungen ihres Unternehmens Freunden und Familienangehörigen empfehlen. Von den emotional ungebundenen Mitarbeitern täten das nur 14 Prozent. Hier geht Geschäftspotenzial verloren. Ob das nun Unwissenheit, Dummheit oder Ignoranz seitens der Führung ist, lasse ich einmal dahingestellt sein. In der Praxis findet sich oft eine Kombination aus allen drei Faktoren, so meine Erfahrungen.
Auch ohne Betriebswirtschaftsstudium weiß man, dass Kundengewinnung durch Empfehlungen das Effizienteste ist, das man bekommen kann – ganz zu schweigen von systematischem Empfehlungsmarketing zwischen den Bereichen eines Unternehmens – aber das findet so gut wie gar nicht statt. Meistens wissen die verschiedenen Abteilungen oder Bereiche einer Firma gar nicht, was im jeweils anderen Bereich läuft. So nerven schon einmal mehrere Abteilungen denselben Kunden mit Akquise. Oft wissen Vertriebler gar nicht, dass sie einem Kunden mit entsprechenden Bedarfen ein Systemangebot machen könnten, weil sie nicht im Hinterkopf haben, was das eigene Haus alles zu bieten hat. Alles schon erlebt.
Aus der Coaching-Praxis – hinderliche Unternehmenskultur
Ein technologiebasiertes, mittelständisches Unternehmen hat mehrere Geschäftsbereiche mit angrenzenden Leistungen. Weiter existieren im Gesamtverbund mehrere Gesellschaften mit unterschiedlichen Schwerpunkten und gemeinsamer Grundausrichtung im Geschäftszweck. Teilweise sitzen mehrere Gesellschaften an einem Standort, teilweise im gleichen Gebäudekomplex. Die Vertriebsmitarbeiter der Gesellschaften bieten zeitweise beim selben Kunden parallel an, ohne zu wissen, dass auch eine Schwestergesellschaft oder ein anderer Bereich des eigenen Unternehmens gerade am Kunden dran ist. Sie kennen auch kaum oder gar nicht das Angebotsportfolio anderer Bereiche, geschweige denn von Schwestergesellschaften.
Ein Mitarbeiter sinngemäß: „Wenn ich beim Kunden sitze, bekomme ich schon mal zu hören, dass vorgestern der Kollege aus dem Bereich XY da gewesen sei und ob man die Gespräche nicht bündeln könne. Ich komme mir dann einfach blöd vor, weil ich davon keine Ahnung habe und nichts dazu sagen kann. Für den Kunden ist das mehr oder weniger „Eins“. Abgesehen davon, dass das Unternehmen effizienter arbeiten und Geld sparen könnte, fühlten sich Kunden besser aufgehoben, wenn die Mitarbeiter besser über das Gesamte im Bilde wären. Das sind sie in der Regel nicht und es wird wenig dafür getan, das zu ändern. Im Gegenteil, Lösungsansätze wie internes Netzwerken bügeln Chefs ab. Begründung: „Das ist in unserem Haus nicht zu machen“ – eine Variante von „Das haben wir schon immer so gemacht.“
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[i] Quelle: http://www.sueddeutsche.de/karriere/studie-zur-unternehmenskultur-wettbewerbsfaktor-mitarbeiter-1.277626, Stand: 22.08.2014
[ii] Quelle: http://www.sueddeutsche.de/karriere/studie-zur-unternehmenskultur-wettbewerbsfaktor-mitarbeiter-1.277626, Stand: 22.08.2014